lykische Kunst

lykische Kunst
lykische Kunst,
 
die Kunst des 6.-4. Jahrhunderts v. Chr. in der antiken Landschaft Lykien an der Südwestküste Kleinasiens; sie ist reich an monumentalen Grabbauten mit auf einen Unterbau gestelltem Grabhaus in verschiedenen Formen sowie in die steilen Felswände geschlagenen Grabkammern mit Haus- oder Tempelfassade. Sie besitzen zum Teil Reliefschmuck, der ursprünglich wohl bemalt war (Spuren der Bemalung nur vereinzelt gesichert), teils in einer Vorhalle, teils an den Außenwänden des Grabhauses beziehungsweise der Grabkammer oder an der Fassade. Verschiedene Grabbauten waren auch mit Skulpturen ausgestattet. Die Darstellungen umfassen Totenmahlszenen, den Weg des Toten ins Totenreich, griechisch-lykische Mythen, Darstellungen der Toten, Kriegs- und Jagdszenen, auch ein lykisches Stadtbild (Pinara, »Königsgrab« der Bachnekropole).
 
Zu den ältesten Anlagen gehört das Löwengrab von Xanthos (um 550 v. Chr.). Das um 480 v. Chr. entstandene »Harpyienmonument« und das aus dem späten 5. Jahrhundert v. Chr. stammende »Nereidenmonument« (beide aus Xanthos) sind dem Typus nach Pfeilergräber (Originalreliefs in London, Britisches Museum). Bei diesem turmartigen Typus ist das Grabhaus auf einen Pfeiler oder eine hohe Stütze gestellt. Bei dem anderen häufigen Typus besteht der Unterbau für das Grabhaus aus einem blockartigen Sockel oder Stufenbau. Der Sockel oder Pfeiler kann weitere Grabkammern enthalten (Stockwerkbau). Das Grabhaus selbst hat die Form eines Hauses mit und ohne Vorhalle mit flachem Satteldach oder eines hausförmigen Sarkophages mit hohem, meist spitzbogenförmigem Giebeldach und Scheintür. Nachgebildet werden das traditionelle lykische Holzhaus (Riegelbau), das griechisch-ionische Heroon - Beispiele sind die Heroen von Gölbaşɪ und von Limyra - oder der Antentempel; einen ionischen Antentempel bildet z. B. die Felsenfassade des »Bellerophongrabes« von Tlos (5. Jahrhundert v. Chr.) und des »Grabes des Amyntas« (4. Jahrhundert v. Chr.) in der Nekropole von Telmessos (heute Fethiye) nach. Von der Bucht von Fethiye bis zum Kap Gelidonya säumen Felsengräber und halb versunkene Sarkophage lange Strecken die lykische Küste, dicht gereiht z. B. bei Kaş, dem alten Antiphellos, oder dem antiken Ort Simena gegenüber der Insel Kekova. In Myra überwiegt der Fassadentypus des Riegelbaus (Meernekropole); in der Flussnekropole liegt das bekannte »Bemalte Haus« (Farbgebung des Reliefs heute verschwunden). Viele Ruinenstätten sind noch nicht oder nur teilweise ausgegraben, die meisten Ruinen stammen aus achaimenidischer, hellenistischer und römischer Zeit. Jüngere Grabungen betreffen u. a. Limyra, Letoon bei Xanthos und die ostlykische Küstenstadt Olympos.
 
 
E. Akurgal: Griech. Reliefs des 6. Jh. aus Lykien (1941);
 M. Waelkens: Das Totenhaus in Kleinasien, in: Antike Welt, Jg. 11 (Küsnacht, ZH, 1980);
 C. Deltour-Levie: Les piliers funéraires de Lycie (Louvain-la-Neuve 1982);
 Ü. Önen: Lykien. Westl. Südküste Anatoliens (İzmir 1984);
 B. Schmidt-Dounas: Der lyk. Sarkophag aus Sidon (1985);
 
Lyk. Studien, hg. v. F. Kolb, auf mehrere Bde. ber. (1993 ff.).

Universal-Lexikon. 2012.

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